Pumpenträger-Diabetes-Tipps

Berechnung der Fett-Protein-Einheiten (FPE)

Jeder Diabetiker kennt das Problem, dass zwar die Kohlehydrate als Broteinheiten (BE: 12gKh) oder Kohlehydrateinheiten (KE: 10gKh) berechnet werden können, aber der Blutzucker bei eiweiß- und  fetthaltigen Lebensmitteln trotzdem ansteigt. Sogar bei Gemüse, welchs meistens gar keine oder nur sehr wenige Kohlehydrate hat.
Als ich Diabetiker wurde (1983) hieß es noch: "Von Gemüse können Sie soviel essen, wie sie wollen. Sie brauchen es nicht anrechnen." Weit gefehlt ...
Inzwischen weiß man aber, dass man und wie man durch einen Verzögerungsbolus die langsame zuckersteige(r)nde Wirkung von Fett und Eiweiß korrigieren kann. Hier sind Insulinpumpenträger klar im Vorteil!

Im Folgenden stelle ich 3 Berechnungsmethoden vor, spare mir aber die medizinisch-wissenschaftliche Erklärung. Die Informationen sind aus einer Diabeteszeitung und von meiner Diabetes-Beraterin.
Wichtig: Diese Berechnung bezieht sich auf Pumpen, bei denen man den Langzeitbolus unabhängig vom Kurzzeitbolus angeben kann, also der Kurzzeitbolus nicht durch einen und für die Dauer des Langzeitbolus blockiert ist.
Bei einigen Pumpen muss man das Problem über die temporäre Basalrate lösen. Siehe hierzu den nächsten Abschnitt mit einem Berechnungsformular.

Als Beispiel nehme ich - weil ich sie gerade zur Hand habe - eine Dose Coquette Erbseneintopf mit Würstchen und eine "Flasche" Milbona Schoko-Milch-Drink. Beides vom Lidl.
Der Erbseneintopf hat 6 BE und die Schokomilch hat 4,5 BE
Das sind jetzt ein bisschen viele BEs auf einen Schlag, aber es dienst nur als Rechenbeispiel.

Fangen wir mit dem Erbseneintopf an. Die Einheiten jeweils pro 100gr.:

Erbsen:
Gesamte Dose: 800 gr. Werte pro 100 gr.
102 kcal
Fett: 3,8 gr
Eiweiß 6,5 gr
KH: 9 gr, also genau 6 BE (= 9 * 8 / 12)

Milchdrink:
Flasche mit 425 gr / 400 ml. Werte pro 100 gr.
78 kcal
Fett: 1,6 gr
Eiweiß: 3,1 gr
KH: 12,6 gr, also ca. 4 BE

Methode 1:  der Fettgehalt wird mit 9 multipliziert und der Eiweiß / Proteingehalt wird mit 4 multipliziert.

Essen  Fett/Eiweiß (Protein) Menge / 100 Fett Faktor Berechnung Ergebnis
Dose Erbsen F 800 3,8 9 800 / 100 * 3,8 * 9 273,6
Dose Erbsen P 800 6,5 4 800 / 100 * 6,5 * 4 208
Milchdrink F 425 1,6 9 425 / 100 * 1,6 * 9 61,2
Milchdrink P 425 3,1 4 425 / 100 * 3,1 * 4 52,7
Summe         Wenn die Rechnung stimmt, komme ich auf: 595,5

Dieses Ergebnis muss noch durch 100 geteilt werden. Wir erhalten somit ziemlich genau 6 Insulineinheiten (IE).

Achtung! Diese IE dürfen keinesfalls als Sofort-Bolus gespritzt werden, denn es sind ja langfristige "Kohlehydrate". Sie würden sich in einen schweren Unterzucker spritzen.


Auch wenn ich diesen Wert langfristig spritze - je nach Menge ändert sich die Dauer - ich würde jetzt hier 6-8 Stunden für die Wirkungszeit der langfristigen "KH" (Fett + Eiweiß) kalkulieren, müssen wir anders vorgehen. Ich muss ja auch noch bedenken, dass sich der Wirkungsgrad des gespritzten Insulins (Resistenz?) innerhalb der nächsten 6-8 Stunden ändern kann. Vor allem nachts. Und wie reagiert mein Körper momentan überhaupt auf Insulin? Brauche ich viel oder eher wenig?

Wenn ich diesen Wert in dieser Höhe spritze, erhalte ich u.U. einen viel zu hohen oder auch zu niedrigen Wert. D.h. dieser Wert muss noch an die persönlichen Bedürfnisse angepasst werden.
Die so ausgerechnete Insulinmenge muss noch mit einem persönlichen Faktor multipliziert werden!
Hier müssen Sie ausprobieren. Bei mir liegt der Mulitplikationsfaktor momentan bei ca. 0,7.

Ich gebe den Bolus dann manuell ein und NICHT über den Bolus-Expert, über den die heutigen modernen Pumpen verfügen.
Das wären bei mir also ca. 4 Einheiten Insulin ( 6 *0,7) , die ich auf 5-6 Stunden verteile. Je höher der Fett-Protein-Gehalt einer Mahlzeit, desto länger ist die Wirkung.

Achtung: Es kann gut sein, dass die Wirkung dess Fettes und des Eiweißes einige Stunden vor Ende der Zeit absinkt (die letzten 2 Stunden zum Beispiel) und daher etwas weniger Insulin und evt. Zeit einkalkuliert werden sollte. Ausprobieren!

Ich rechne meistens für die Zeit 1-2 Stunden auf die ausgerechnete Insulindosis (IE) dazu, wobei die Zeit aber bei größerem Wert auch länger dauern kann (wegen höhrem Fettgehalt), also z.B. bei 3 IE 5 Stunden und bei 5 IE 8 Stunden.

Leider kann man manche Pumpen, wie z.B. die Medtronic MiniMed 640G nur auf 8 Stunden programmieren, obwohl man manchmal durchaus auch 10 Stunden gut brauchen könnte. Man kann das aber auch etwas umständlicher über die Basalrate lösen.

Methode 2: Wir teilen das Eiweiß durch 25 und das Fett durch 11:

Essen  Fett/Eiweiß (Protein) Menge / 100 Fett Divisor Berechnung Ergebnis
Dose Erbsen F 800 3,8 11 800 / 100 * 3,8 / 11 2,76
Dose Erbsen P 800 6,5 25 800 / 100 * 6,5 / 25 2,08
Milchdrink F 425 1,6 11 425 / 100 * 1,6 / 11 0,61
Milchdrink P 425 3,1 25 425 / 100 * 3,1 / 25 0,527
Summe         Wenn die Rechnung stimmt, komme ich auf: 5,98

also wieder wie oben. Kleine Abweichungen inbegriffen.

Methode 3: Rechnung über die kcal:

Hier zu müssen wir Folgendes wissen:
200 kcal = 1 BE langfristig (erhöhen den Blutzucker wie 1 BE) unabhängig von Fett und Eiweiß

Davon müssen wir die Zucker-kcal abziehen, weil diese ja schnell wirken und wir wollen ja nur die langsamen berechnen:
1 gKh = 4 kcal
1 BE = 50 kcal
4 BE = 200 kcal

Essen Menge / 100 kcal Berechnung Ergebnis
Dose Erbsen 800 102 800 * 102 / 100 816
Milchdrink 425 78 425 * 78 / 100 331,5
Summe Wenn die Rechnung stimmt, komme ich auf: 1147,5

Oben haben wir gesagt, dass die Erbsen 6 BE, also 6 * 50 = 300 kcal haben und die Milch 4,2 * 50 = 210 kcal.

Diese beiden Werte müssen wir jetzt also von den 1147, 5 abziehen:
1147,5
- 210
-300
= 637,5

637,5 / 200 (weil  200 kcal = 1 BE lang) =~ 3 BE lang), die wir mit einem Faktor X (siehe oben) multipliziert, auf "lang" verteilen müssen.

Jetzt fällt aber auf, dass der Wert hier (3) nur halb so groß ist wie der Wert bei obiger Rechnung (6).
Das ist kein Fehler, sondern das sind nur 2 Berechnungswege. Testen Sie, mit welchen Werten Sie am besten zurecht kommen.
Welche Formel trifft auf Ihren Diabetes / Ihre Einstellung eher zu?

Noch ein Beispiel zu Methode 3: Man sagt, bei Kindern sollte man nur mit 100 statt 200 kcal rechnen:
Darus folgt:

637,5 / 100 (weil bei Kindern 100 kcal = 1 BE lang) =~ 6 BE, die wir mit einem Faktor X (siehe oben) multipliziert, auf "lang" verteilen müssen.
Hier sind wir wieder bei obigem Wert.

Hinweis: es gibt hier kein "richtig" oder "falsch". Nur Erfahrungswerte.

Testen Sie es aus, was bei Ihnen besser funktioniert.
Und testen Sie es immer wieder, weil auch diese Werte - wie auch Korrektur- und BE-Faktor mit Faktoren wie Ihrem Körpergewicht zusammenhängen können


Noch ein Tipp: Zur Ermittlung der Fett- oder Proteinwerte im Alltag zu Hause und unterwegs hilft Ihnen manche App oder Webseite: